Aargauer Zeitung

 

AZ AARAU
vom 13.Oktober 2004

Endlich ist Schluss mit Keckereien

MELANIE CASALUCI


Protrait:
Roland Kyburz hat den Cremeschnittenschneider erfunden und damit an der Erfindermesse in Genf die Silbermedaille geholt.

Tausende von Cremeschnitten-Fans werden jubeln. Mit klebrigen Händen und herausgedrückter Creme beim Essen von Cremeschnitten ist jetzt Schluss. Der Tüftler Roland Kyburz aus Erlinsbach hat sich das "Gabel-Messer" ausgedacht.

Ein fester Händedruck, ein warmherziger Empfang und kurz danach: "Hier ist er!" Roland Kyburz' Augen strahlen und er zeigt auf ein kleines Schaufenster im Wohnzimmer, worin sich ein elegantes Besteck befindet, das ihn zum Erfinder gemacht hat: der Cremeschnitten-Schneider.
Roland Kyburz ist 62-jährig und gelernter Werkzeugmacher. Seit dreissig Jahren lebt er in Erlinsbach in einem gemütlichen Einfamilienhaus an ruhiger Lage. Das Haus ist hell und geschmackvoll eingerichtet, an den Wänden hängen zahlreiche Familienfotos. Seit 33 Jahren ist Kyburz mit einer Lehrerin verheiratet und stolzer Familienvater.

IN DEN SKIFERIEN EINGEFALLEN
Die Idee für den Cremeschnitten-Schneider befiel Roland Kyburz, als er eines Tages mit Bekannten beisammen sass und ein Kollege davon erzählte, dass er jeden Tag seit vielen Jahren jemanden beobachte, wie dieser seine Cremeschnitte mit der Gabel voller Wucht zerhacke. Als Kyburz einige Zeit später in den Skiferien war und wegen des schlechten Wetters alleine im Haus sass, begann er seine Idee aufzuzeichnen. Es musste ein Besteck her, das Cremeschnitten so schneiden würde, dass kein Schlachtfeld aus Creme, Blätterteig und Zuckerguss zurückbleibt.
So entstand sein allererstes Modell, das der Aargauer patentiert und seinen Kollegen vorgestellt hat. Einige Zeit später habe er einen Anruf von der Erfinder-Messe in Genf erhalten, in dem er aufgefordert wurde, seine Erfindung auszustellen. "Ich lachte und sagte: So etwas stellt man doch nicht aus." Am Anfang war der ruhige und freundliche Kyburz nicht ganz überzeugt, doch dann hat er seinen Kollegen gesagt: "Ich gehe jetzt einfach, erlebe etwas, das nicht jeder erlebt, und im schlimmsten Fall gehen alle Leute an mir vorbei. Dann werde ich meine Sachen packen und wieder nach Hause gehen."


EINFACHE HANDHABUNG
Doch seine Erfindung erwies sich als wahrhaftiger Erfolg - die Leute waren begeistert, sogar das Schweizer Fernsehen wollte sein Prachtstück filmen und als Höhepunkt wurde Roland Kyburz mit der Silbermedaille belohnt. "Nun können Sie selber probieren", sagt Kyburz und stellt mir eine Cremeschnitte und seinen Cremeschnitten-Schneider auf den Tisch. Die Handhabung ist einfach, der Teller bleibt sauber; endlich kann ich eine Cremeschnitte elegant essen.

EINE TÜFTLERNATUR
Zu Kyburz' Hobbys gehört es, Einzelstücke herzustellen. "Ich mache gerne Sachen, die es nicht überall gibt." Er habe schon einiges selber hergestellt, zum Beispiel eine moderne, verstellbare Wohnzimmerlampe, die zweiseitig aufleuchtet. Darin zeigt sich seine Tüftlernatur: "Sachen, die ich im Kopf habe, müssen irgendeinmal gemacht werden", erklärt er seine Motivation.

MELANIE CASALUCI studiert Medien- und Kommunikationswissenschaft an der Uni Freiburg. Diesen Artikel hat sie in einem Workshop bei der AZ geschrieben.



IN VERHANDLUNG MIT PRODUZENTEN
Der Cremeschnitten-Schneider ist eine Mischung aus Halter und Messer, der die Cremeschnitte festhält und gleichmässig in Stücke schneidet. Mit der Gabel am Besteck können die Stücke auf saubere Weise gegessen werden. Momentan verhandelt Ronald Kyburz noch mit Produzenten, deshalb wird der Cremeschnitten-Schneider später als geplant auf den Markt kommen. (mc)